Die Beklagte wird verurteilt, gegenüber dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, ob die Beklagte die von ihr ursprünglich gehaltenen Stücke der Anleihe, Gattung ISIN DE000A0KAHL9, über nominal € 10.229.000,00 (und gegebenenfalls wie viele) zwischenzeitlich verkauft hat.
Landgericht Düsseldorf, 3 O 290/14
Datum:
28.05.2015
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
3. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Teilurteil
Aktenzeichen:
3 O 290/14
Tenor:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, gegenüber dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, ob die Beklagte die von ihr ursprünglich gehaltenen Stücke der Anleihe, Gattung ISIN DE000A0KAHL9, über nominal € 10.229.000,00 (und gegebenenfalls wie viele) zwischenzeitlich verkauft hat.
2.
Im Übrigen wird die Klage auf der Auskunftsstufe abgewiesen.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 1.000,00 vorläufig vollstreckbar.
4.
Die weiteren Entscheidungen bleiben dem Schlussurteil vorbehalten.
1
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T a t b e s t a n d:
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Der Kläger macht gegen die Beklagte im Wege der Stufenklage insolvenzanfechtungsrechtliche Ansprüche bzw. solche aus einer gesellschaftsrechtlichen Treuepflichtverletzung geltend. Derzeit verfolgt der Kläger die Ansprüche auf der Auskunftsstufe.
4
Der Kläger wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 28. September 2012, Az.: 71 IN 354/12 (Anlage K1 = Bl. 26 f. GA) zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der E2 GmbH (fortan: Insolvenzschuldnerin) bestellt. Die Durchführung des Insolvenzverfahrens hatte die Insolvenzschuldnerin unter dem 03. September 2012 beantragt.
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Die zum damaligen Zeitpunkt wirtschaftlich gesunde Rechtsvorgängerin der Insolvenzschuldnerin, die C GmbH mit Sitz in Düsseldorf (später: C3 AG, danach: C2 AG, hier einheitlich bezeichnet als Insolvenzschuldnerin) gab im Jahr 2006 eine öffentlich gehandelte Anleiheemission mit Inhaber-Teilschuldverschreibungen (Gattung ISIN DE000A0KAHL9) mit einer Laufzeit von 10 Jahren zu einem Emissionsvolumen von € 30.000.000,00 (vgl. hierzu Anlage K10 = Bl. 40 ff. GA) in erster Linie zum Erwerb von Einzelhandelsimmobilien heraus (fortan: Hypothekenanleihen). Dabei erwarb E AG & Co. KG, deren einziger Kommanditist mit einer Einlage von € 2.052.000,00 Dusan Rajcic war, der seinerseits u.a. zeitweise alleiniger Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin war und Liquidator der Beklagten ist, und die zu diesem Zeitpunkt ihrerseits die einzige Gesellschafterin der Insolvenzschuldnerin war, unter dem 15. Dezember 2006 Hypothekenanleihen für insgesamt € 16.380.000,00 (= 16.380 Stück zu € 1.000,00, vgl. Anlage K10a = Bl. 52 GA) von der Insolvenzschuldnerin. E AG & Co. KG verkaufte einen Teil der Hypothekenanleihen an Dritte, sie behielt aber einen Anteil im Wert von € 10.229.00,00, die nun streitgegenständlich sind.
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Im Zuge eines geplanten aber letztlich nicht durchgeführten Börsengangs der Insolvenzschuldnerin führte diese im Frühjahr 2007 eine Kapitalerhöhung durch. Einen Betrag in Höhe von insgesamt € 14.900.000,00 zeichneten zum einen anteilig E AG & Co. KG sowie zum anderen anteilig die ebenfalls von Dusan Rajcic kontrollierten Gesellschaften RheinMainCapital 1 GmbH, RheinMainCapital 2 GmbH, RheinMainCapital 3 GmbH, RheinMainCapital 4 GmbH, RheinMainCapital 5 GmbH und RheinMainCapital 6 GmbH, deren 100%ige Gesellschafterin jeweils die Beklagte war. Diese Anteile gingen durch spätere Verschmelzungen auf die Beklagte über. Die Beklagte hält daher 39,21% der Geschäftsanteile der Insolvenzschuldnerin.
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Die streitgegenständlichen Anleihen übertrug E AG & Co. KG zu einem nicht näher dargelegten Zeitpunkt auf die Beklagte, die diese Hypothekenanleihe bis jedenfalls Ende des Jahres 2012 hielt. Die Rückzahlung der Hypothekenanleiheforderungen waren mit nachrangigen Grundpfandrechten gesichert, die der Treuhänder, Rechtsanwälte T, zugunsten der Anleihegläubiger, die eine Bruchteilsgemeinschaft bilden, hielt. Den Hypothekenanleihegläubigern stand aus dem Treuhandvertrag vom 15. August 2006 (Anlage K12 = Bl. 61 ff. GA) eine Forderung gegen den Treuhänder auf Auskehr eines etwaigen Verwertungserlöses zu, insbesondere aus dem vom Treuhänder in Falle der Insolvenz geltend zu machenden Absonderungsrechten. Im Laufe des Insolvenzverfahrens verwertete der Kläger das Immobilienportfolio der Insolvenzschuldnerin durch freihändigen Verkauf. Aus dem Kaufpreis konnte der Kläger die ausstehenden Darlehensforderungen der den Geschäftsbetrieb der Insolvenzschuldnerin im Übrigen finanzierenden Banken vollständig bezahlen und deren erstrangigen Grundpfandrechte ablösen. Der verbleibende Restkaufpreis liegt auf einem Anderkonto des beurkundenden Notars.
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Der Kläger ist der Ansicht, er könne in der Hauptsache von der Beklagten entweder die Rückübertragung der gewährten Sicherheiten aus der Hypothekenanleihe oder – sofern die Beklagte die Hypothekenanleihen zwischenzeitlich verkauft habe – Schadensersatz verlangen. Sollte die Beklagte die streitgegenständlichen Hypothekenanleihen noch halten, könnte der Kläger die Abtretung der der Beklagten mit den Anleihen zustehenden Sicherheitsrechte verlangen. Dies entspricht dem angekündigten Klageantrag zu 3 a). Hierzu bringt der Kläger im Wesentlichen vor, er ficht die Begründung des sicherheitshalber eingeräumten Forderungsrecht der Beklagten, mit dem diese grundsätzlich vom Treuhänder einen Bruchteil von 10.229.000/30.000.000 aus der Verwertung der nachrangigen Grundpfandrechte erzielten Erlöse geltend machen könne, an. Die Anleihezeichnung durch E AG & Co. KG und das weitere Halten der Teilschuldverschreibungen durch die Beklagte erfülle den Tatbestand eines Gesellschafterdarlehens im Sinne der § 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO, weshalb die gegen die Insolvenzschuldnerin gerichteten Rückzahlungsansprüche der Beklagten aus den Teilschuldverschreibungen in der Insolvenz lediglich nachrangig zu bedienen seien. Sollte die Beklagte die Anleihen zwischenzeitlich weiter veräußert haben, sei damit zu rechnen, dass die neuen Erwerber die Forderungen anmelden, da der Erwerber der Anleiheforderungen wegen der Besonderheiten von Schuldverschreibungen, für die § 404 BGB nicht gelte, die Nachranganordnung nicht gegen sich gelten lassen müsse, so dass der Masse damit ein Schaden entstehe, den die die Beklagte dem Kläger wegen Verletzung ihrer gesellschaftsvertraglichen Treuepflichten ersetzen müsse. Zudem entbinde § 796 BGB den Gesellschafter nicht von seiner Treupflicht, sondern gelte nur für den Erwerber. Dadurch sei auch die Umlauffähigkeit der Inhaberschuldverschreibung nicht tangiert. Diesen Schaden könne der Kläger derzeit noch nicht beziffern, weshalb der angekündigte Feststellungsantrag zu Ziffer 3 b) verfolgt werde.
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Hinsichtlich des derzeit verfolgten Klagebegehrens auf der ersten Stufe ist der Kläger der Ansicht, er habe Auskunftsansprüche gegen die Beklagte, die aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht der Beklagten folgten, um Schaden von der Insolvenzschuldnerin abzuwenden. Die Insolvenzschuldnerin sei in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder Umfang eines Rechts im Ungewissen und die Beklagte könne die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben. Hierzu behauptet der Kläger weiter, er halte es nicht für ausgeschlossen, dass die Beklagte die Anleihen mittlerweile weiter veräußert habe. Jedenfalls seien seit Anfang des Jahres 2014 Anleihen in einem Nominalvolumen von € 11.738.000,00 an den Börsen in Frankfurt und Düsseldorf gehandelt worden und er habe weitere Anmeldungen zur Insolvenztabelle in einem Nominalvolumen von mehreren Millionen Euro feststellen können. Die Beklagte habe dem Kläger mit Schreiben vom 04. August 2014 (Anlage K14 = Bl. 71 GA) keine verwertbaren Auskünfte über den Verbleib der Anleihen erteilt. zudem habe die Beklagte ihre Anmeldung zur Insolvenztabelle mit Schreiben vom 04. Juni 2014 zurückgenommen (Anlage K11a = Bl. 60 GA).
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Der Kläger beantragt auf der derzeit betriebenen ersten Stufe,
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die Beklagte gegenüber dem Kläger in der ersten Stufe zur Auskunft darüber zu verurteilen,
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a)
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ob die Beklagte die von ihr ursprünglich gehaltenen Stücke der Anleihe, Gattung ISIN DE000A0KAHL9, über nominal € 10.229.000,00 zwischenzeitlich verkauft hat,
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b)
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wer Erwerber der verkauften Stücke ist und
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c)
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welchen Verkaufserlös die Beklagte aus einem etwaigen Weiterverkauf erzielt hat.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte tritt der Stufenklage entgegen. Dem Kläger stünden keine Anfechtungsrechte zu. Zwar stelle sich im Rechtsverhältnis zwischen der Rechtsvorgängerin der Insolvenzschuldnerin und der C AG & Co. KG die Zeichnung der Hypothekenanleihen durchaus als ein grundschuldlich gesichertes Gesellschafterdarlehen dar. Dieses Darlehen habe indes die Besonderheit aufgewiesen, dass es verbrieft gewesen sei und damit als Wertpapier an der Börse habe gehandelt werden können. Daher gelte § 796 BGB, weil der Aussteller dem Inhaber des Wertpapiers nur Einwendungen entgegenhalten könne, die die Urkunde selbst betreffen oder sich aber aus der Urkunde ergeben, daher habe es sich nicht um ein Darlehen im Sinne des § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO gehandelt. Es gehe nicht nur um die Frage der Anwendbarkeit des § 404 BGB auf abgetretene Gesellschafterdarlehensrückzahlungsansprüche, sondern um die im Sinne von Inhaberschuldverschreibungen gesicherten Ansprüche aus den Darlehensvereinbarungen. Der Kläger habe keinen bereicherungsrechtlichen Anspruch gegen die Beklagte, da deren etwaige Weiterveräußerung sich als vorzeitige Darlehensablösung durch den Erwerber mit einem Abschlag darstelle, die überdies nicht aus der Masse erfolge. Der Kläger habe eine bestimmte Quote an jeden Inhaber einer Hypothekenanleihe zu zahlen, in die Auseinandersetzung der Inhaber der Hypothekenanleihen sei er überhaupt nicht involviert. Von daher habe er auch keinen Schadensersatzanspruch. Schließlich habe der Kläger es unterlassen, den Handel der streitbefangenen Hypothekenanleihen an den Börsen auszusetzen.
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Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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